Ausblick auf Risiken für Jugendliche nach der beschlossenen Freigabe von Cannabis
Dem Gesundheitsamt geht auch künftig die Arbeit nicht aus beim Thema Suchtprävention – gerade nach der nun beschlossenen gesetzlichen Freigabe von Cannabis in Deutschland für Erwachsene. Sonja Schütz, Suchtpräventionsfachkraft am Gesundheitsamt, und Dr. Stefan Günther, Leiter des Gesundheitsamts, stellten am Montag, den 25. 03. 2024, im Landratsamt Weilheim ihre Arbeit beim Thema Suchtprävention im Landkreis Weilheim-Schongau im vergangenen Jahr gegenüber der lokalen Presse vor. Zudem lieferten sie einen Ausblick auf künftige Aktivitäten und die Herausforderungen durch die Cannabislegalisierung.
Das Engagement des Sachgebiets Gesundheitsförderung und Prävention ist vielfältig: Die Workshops, Seminare, Arbeitskreise und Infoabende richten sich nicht nur an Jugendliche, sondern auch an Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Fachkräfte. „Um etwas zu erreichen, muss die Suchtprävention das ganze System einbeziehen, nicht nur die jungen Menschen“, erklärte Schütz. Das Feedback – gerade an Schulen – sei sehr positiv, die Arbeit des Gesundheitsamtes werde sehr begrüßt und finde guten Anklang.
Die Cannabis-Legalisierung sehen beide Experten mit Sorge. „Auch bei Erwachsenen halten sich hartnäckig Mythen wie ‚Wir haben damals auch gekifft und es hat uns nicht geschadet‘“, so Schütz. Das sei nicht nur falsch, sondern auch gefährlich: „Heutige Cannabis-Produkte sind in ihrer Wirkung viel stärker als früher.“ Schütz verwies auf die Gefahr negativer Folgeerscheinungen wie schlechteres Gedächtnis, verminderte Konzentration und Lernfähigkeit, Impulskontrolle sowie auch die Gefahr, an einer Psychose zu erkranken. Auch Dr. Günther warnte, dass die Verfügbarkeit – auch wenn sich die Legalisierung nur auf Erwachsene beziehe – wahrscheinlich auch für Jugendliche erleichtert werde. „Da vertreten wir die Auffassung: Nur weil man ein Suchtmittel aus der Illegalität holt, ist es deswegen nicht weniger schädlich“, so der Gesundheitsamtsleiter.
Bei dem Pressegespräch konnten einige interessante „Exponate“ aus der Präventionsarbeit besichtigt werden: Neben Brillen, die die eingeschränkte Sehfähigkeit nach Alkoholgenuss simulieren, gab es Anschauungsmaterial zu sehen, sowohl zu Suchtmitteln wie Alkohol, Cannabis, Nikotin und Medikamenten als auch zu Verhaltenssüchten wie Spiel-, Porno-, Eß-/Brech- und Sportsucht. Auch ein großes Thema für viele Eltern: die Mediensucht. „Wir befinden uns in einer Umbruchsphase“, erklärte Dr. Stefan Günther. „Die Eltern sind meist nicht mit Handys aufgewachsen, aktuell werden wir sehr viel von Eltern zum Thema Mediensucht angefragt.“
Beim Rückblick auf 2023 wurde zu folgenden Aktivitäten berichtet:
- die Suchtpräventions-Workshops „Basics zur Sucht“ an neun verschiedenen weiterführenden Schulen im Landkreis (Gymnasium Penzberg, Mittelschule Penzberg, Sonderpädagogisches Förderzentrum Penzberg, Realschule Weilheim, Oberlandschulen Weilheim, Montessori Schule Peißenberg, Realschule Peißenberg, Berufliches Schulzentrum Schongau, Förderzentrum Herzogsägmühle), dabei wurden knapp 700 Schülerinnen und Schüler erreicht.
- der Suchtpräventions-Elternabend „Basics zur Sucht“ (online): Der kostenlose Elternabend ist eine Ergänzung zu den Schüler-Workshops „Basics zur Sucht“, da Suchtprävention besonders wirksam ist, wenn sie das ganze Familiensystem mit einbindet. Der Elternabend startete im Mai 2023, mit drei Online-Veranstaltungen wurden 80 Eltern erreicht. Die Elternabende werden wie die Schüler-Workshops regelmäßig stattfinden. Eine höhere Beteiligung durch die Eltern wäre wünschenswert.
- die Präventionskreise für Fachkräfte: 2023 fanden vier Präventions-Arbeitskreise zu verschiedenen Themen statt (Essstörungen bei Kindern, Vorstellung „Elterntalk“, Vorstellung des neuen Suchtpräventions-Elternabends „Basics zur Sucht“, Vorstellung des Gmünder Hofes). Das Ziel: Vernetzung in der Präventionsarbeit innerhalb des Landkreises, Informationen zu verschiedenen Präventionsangeboten, Insgesamt nahmen 70 Fachkräfte (Vertreter der Schulen, Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Fach- und Beratungsstellen, Familienbüro, Kinder- und Jugendbüro, Streetwork etc.) teil.
- der Online-Elternabend „Medienerziehung“: Elternabend für Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 7 der weiterführenden Schulen. Im Auftrag des Gesundheitsamts führte die Medienpädagogin Barbara Unterholzner (www.echt-mensch.de) Veranstaltungen an acht verschiedenen Schulen durch. Insgesamt wurden ca. 400 Eltern erreicht.
Was 2024 zudem an Präventionsarbeit stattfindet:
- der Große Sucht-Arbeitskreis für Fachkräfte: am 16. April 2024 von 14 bis 18 Uhr im Landratsamt Weilheim. Thema: Kinder und Jugendliche in digitalen Welten – Einblicke, Herausforderungen, Lösungen. Mit den Referenten Barbara Unterholzner (Medienpädagogin, Mediencoach, systemische Therapeutin (DGSF), Praxis für Medienpädagogik und Beratung, Simon Bräutigam (Kriminalpolizeilicher Fachberater) und Sonja Schütz. (Anmeldung bis zum 7. April 2024 unter gesundheitsfoerderung@lra-wm.bayern.de möglich)
- das Medienkompetenztraining „Fairnetzen“: das bekannte Medienkompetenztraining von „Keine Macht den Drogen e.V.“ kommt in den Landkreis am 24. April 2024, 9 bis 18 Uhr, Eisenkramergasse 7, 82362 Weilheim. „Fairnetzen“ ist eine Multiplikatorenschulung für alle, die mit Kindern zwischen 9 und 12 Jahren arbeiten (Lehrkräfte, Schulsozialarbeiter, Jugendsozialarbeiter an Schulen). Dabei werden Methoden vermittelt, mit denen Kinder sensibilisiert und fit für eine kompetenzorientierte, selbstbestimmte und kontrollierte Mediennutzung gemacht werden. (Infos bei Sonja Schütz: Tel.: 0881/6811815, gesundheitsfoerderung@lra-wm.bayern.de)
Speziell zur Cannabis-Legalisierung:
- In den o.g. Schüler-Workshops wie auch in den Elternabenden wird auch Cannabis thematisiert sowie die Chancen und Grenzen der geplanten Legalisierung.
- 2023 wurde die „Servicestelle Suchtprävention“ geschaffen, die mit zwei Teilzeitstellen bei der Regierung von Ob. angesiedelt ist. An der Suchtpräventions-Basis in den Gesundheitsämtern wurde leider nicht aufgestockt.
- die Multiplikatorenschulung „Cannabis quo vadis“ (ein interaktiver Präventions-Workshop) wird nun vom Freistaat Bayern verstärkt angeboten. Bisher wurden dafür laut Ministerium bereits 250 Moderatorinnen und Moderatoren, meist Lehrkräfte, ausgebildet, die in rund 550 Schulklassen Aufklärungsarbeit" leisten. Weitere etwa 200 Moderatorinnen und Moderatoren sollen allein für dieses Projekt in der ersten Jahreshälfte 2024 noch ausgebildet werden.
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